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Rückgang von Wiesen und Weiden – eine Kulturlandschaft schwindet
Immer mehr Wiesen und Weiden verschwinden: Im Zuge landwirtschaftlicher Gewinnmaximierung weicht das Grünland zugunsten von Äckern. Mit dem Rückgang dieser Kulturlandschaft sind aber nicht nur viele Tier- und Pflanzenarten in Gefahr – es leiden auch wichtige Funktionen wie Hochwasser-, Boden-, Trinkwasser- und Klimaschutz.
Der Rückgang von Wiesen und Weiden macht den Naturschützern Sorgen. Das Grünland ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stark unter Druck geraten und das gleich in zweierlei Hinsicht. Erstens gibt es rein flächenmäßig immer weniger Wiesen und Weiden und zweitens nimmt die ökologische Qualität des noch vorhandenen Grünlands ab. Wie kommt es dazu? Wiesen und Weiden sind klassische Kulturlandschaften. Sie entstehen nur dort, wo der Mensch pfleglich und eher zurückhaltend, sprich extensiv wirtschaftet. Und genau diese Bereitschaft schwindet offenbar immer mehr. Auch unter dem enormen Preisdruck versuchen Landwirte immer mehr aus ihren Flächen herauszuholen. Das macht sich nun bemerkbar.
Wenn Wiesen und Weiden zu Acker umfunktioniert und dafür umgepflügt werden, spricht man von Grünlandumbruch. Und dieser nimmt rasant zu: Alleine in Bayern ging seit den 1970er-Jahren 500.000 Hektar Grünland verloren, sodass heute nur noch circa 1,05 Millionen Hektar dieser wertvollen Kulturlandschaft existieren. Deutschlandweit ist der Trend vergleichbar: Während 1991 noch mehr als 5,3 Millionen Hektar (31,3 %) der landwirtschaftlich genutzten Fläche als Dauergrünland bewirtschaftet wurden, waren es 2023 nur noch rund 4,7 Millionen Hektar (28,5 %). Das entspricht einem Minus von 12 Prozent. Der wesentliche Verlust fand dabei zwischen 1991 und 2013 statt. Seit 2014 wurde der Grünlandverlust weitestgehend gestoppt.
Gründlandumbruch für Energiepflanzen
Der Trend zum Grünlandumbruch verschärft sich durch die rasant wachsende Biogaserzeugung mit ihrem enormen Flächenbedarf. Vor dem Hintergrund der Energiewende und den entsprechenden rechtlichen Regelungen wurden Anreize für Landwirte geschaffen, Energiepflanzen zu produzieren. Inzwischen wachsen auf 14,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland Energiepflanzen. Die Kehrseite der Medaille sind eine rapide schwindende Artenvielfalt, ein höherer Dünger- und Pestizideinsatz sowie weniger Hochwasser-, Boden-, Trinkwasser- und Klimaschutz.
Neben dem Grünlandumbruch zugunsten von Äckern sind auch Umwidmung in Bauland, Nutzungsaufgabe oder Aufforstung Gründe für den Rückgang von Wiesen und Weiden. So haben in den letzten Jahrzehnten viele kleine Bauern das Handtuch geworfen; die verbliebenen Nutzflächen werden nun durch weniger Landwirte immer intensiver genutzt. Die Quittung dafür ist unter anderem, dass unsere Kulturlandschaft monotoner wird.
Vitaminreiche Wiesenkräuter versus energiereiches Einheitsfutter
In der modernen Landwirtschaft grasen die Kühe kaum noch auf Weiden, sondern bleiben oft ganzjährig im Stall. Hochleistungsmilchkühe benötigen Futter mit hohem Energie- und Eiweißgehalt, damit immer mehr Milch mit immer weniger Kühen erzeugt werden kann. Entweder Überseefutter aus Soja und Mais oder Silage aus gülleüberfrachteten, intensiv bewirtschafteten, extrem artenarmen Fettwiesen stehen auf dem Speiseplan dieser „modernen“ Kuh. Futter von artenreichen Wiesen und Weiden kann die Ansprüche dieser Turbolandwirtschaft nicht erfüllen – obwohl der bunte Mix aus Wiesenkräutern weitaus vitaminreicher und wohlschmeckender für die Tiere ist, was sich später auch in der Qualität der Milchprodukte bemerkbar macht.
Noch vorhandene artenreiche Wiesen stehen also unter einem enormen Druck, in intensives „Einheitsgrünland“ umgewandelt zu werden. Die Flächen werden entwässert, gedüngt und oft mit leistungsstarken Gräsern eingesät. Die Schnitthäufigkeit wird auf vier und mehr Schnitte pro Jahr erhöht, sodass der erste Schnitt oft schon Ende April erfolgt. Konkurrenzschwache Wiesenkräuter und -blumen können da nicht mithalten. Sie sind schnell verdrängt, weil sie keine Zeit mehr für ihre Blüten- und Samenbildung haben. In der Summe führt dies dazu, dass die Artenvielfalt auf dem verbliebenen Grünland stark abgenommen hat. Oft kommen dort weniger als zehn verschiedene Arten vor – der größte Teil davon Gräser.
Gerade die besonders blumenreichen Mähwiesen, die noch vor wenigen Jahrzehnten weit verbreitet waren, sind von der rückläufigen Entwicklung betroffen. Sie sind heute deutschlandweit in einem schlechten Erhaltungszustand, wie Ergebnisse des nationalen FFH-Berichts zeigen. Es ist sogar zu befürchten, dass weitere, bislang ungefährdete, vergleichsweise intensiv bewirtschaftete Grünlandbiotoptypen künftig als gefährdet bewertet werden müssen.
Magerrasen & Co. verschwinden
Auch die Situation der mageren Flachland- und Bergmähwiesen hat sich messbar verschlechtert. Viele dieser Lebensraumtypen sind von einer extensiven Beweidung (durch Schafe und Ziegen) abhängig. Da jedoch oft keine auskömmliche Förderung dieser Weidewirtschaft angeboten wird, müssen viele Schäfereien ihre Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben. Davon sind besonders artenreiche Magerrasen und Trockenrasen sowie Heiden betroffen. Auch Kulturlandschaftstypen wie Hutewälder und Streuobstwiesen, die ebenfalls eine extensive Beweidung benötigen, leiden unter Nutzungsaufgabe. Die Flächen wachsen langsam zu (verbuschen) und gehen damit als Lebensraum für viele Arten der Offenlandschaft verloren.
Diese auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Orientierung lässt jedoch Arten von unschätzbarem Wert, nicht nur für die biologische Vielfalt, unwiederbringlich verschwinden. Viele wertvolle und seltene Kräuter und Blühpflanzen gehen verloren, es folgt die Insekten- und Vogelwelt. Um dieser Dynamik entgegenzuwirken, setzt sich der BUND Naturschutz vehement für eine wirtschaftlich tragfähige Schäfereiwirtschaft in Deutschland ein und hat selbst überall in Bayern Beweidungsprojekte initiiert. Lesen Sie mehr dazu auf der Seite „Erfolge und Projekte“.
Wiesenbrüter und Insekten gefährdet!
Mit dem Rückgang und der intensiven Nutzung einst bunter Blumenwiesen verändert sich die Situation für die meisten Wiesentiere dramatisch. So hat die Agrarlandschaft europaweit in den letzten 30 Jahren etwa die Hälfte ihrer Vögel verloren. Bei den vorwiegend in Feuchtwiesen am Boden brütenden Arten setzen sich die Bestandsverluste seit Jahrzehnten fort. Viel seltener als früher trifft man auf Grünlandbrüter wie Kiebitz, Bekassine, Uferschnepfe oder Braunkehlchen, die ausnahmslos auf der Roten Liste stehen. Sie benötigen ausreichend Zeit vor dem ersten Mahdtermin, um ihre Eier auszubrüten. In ausgeräumten Kulturlandschaften und auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen sind sie durch den Einsatz großer Maschinen und Pestizide sowie die frühe erste Mahd nahezu verschwunden.
Auch die Insektenwelt, die in großer Vielfalt auf bunten Blumenwiesen zu Hause war, ist gefährdet. Schmetterlinge sind neben Bienen und Hummeln besonders auf ein reiches Blüten- und Nektarangebot angewiesenen. Mit ihren spezifischen Lebensraumansprüchen reagieren sie sensibel auf kleinste Veränderungen ihrer Umwelt und spielen eine Schlüsselrolle im Lebensraumkomplex Wiese. Viele Schmetterlinge benötigen zur Fortpflanzung eine ganz bestimmte Pflanze. Oft sind die Raupen auf eine gewisse Futterpflanze angewiesen, die in ausreichender Menge beziehungsweise in besonderer Exposition (z.B. Besonnung) vorhanden sein muss. Verschwinden diese Pflanzen durch Intensivierung oder Verbuschung, verschwinden auch die Falter.