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Tiere und Pflanzen

Die Streuobstwiese – Lebensraum und Naturparadies aus Menschenhand

Streuobstwiesen sind wertvoller Bestandteil einer artenreichen Kulturlandschaft – und sie liefern uns gesundes, regionales Obst. Deshalb kämpft der BUND Naturschutz (BN) schon seit Jahrzehnten für ihren Erhalt. Erfahren Sie, wie viele Tiere und Pflanzen in diesem Lebensraum zuhause sind!

Der Name Streuobst rührt daher, dass auf diesen Wiesen Obstbäume in unregelmäßigen Abständen locker über die Fläche „verstreut“ stehen. Charakteristisch für Streuobstwiesen sind großkronige Bäume mit hohem Stamm. Oft wachsen dort mehrere Obstarten und -sorten und unter den Bäumen blumenreiche Wiesen, die entweder extensiv gemäht oder beweidet werden. Im süddeutschen Raum sind dies klassischerweise Salbei-Glatthaferwiesen, eine unserer artenreichsten und buntesten Wiesengesellschaften überhaupt.

Im Unterschied zu Obstplantagen wird Streuobst nur extensiv, also sehr pfleglich bewirtschaftet, das heißt, chemische Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger kommen kaum zum Einsatz. Durch standortangepasste Obstsorten kommt es seltener zu Krankheiten. Durch die meist pestizidfreie Pflege sind Streuobstwiesen besonders wertvoll als Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Durch seinen stockwerkartigen Aufbau, seine Strukturvielfalt und den Verzicht auf Spritzmittel bieten Streuobstwiesen vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum: Die Wiesen im Unterwuchs werden nur selten gemäht und gedüngt. Sie sind dadurch besonders arten- und blütenreich und bieten Insekten, wie Bienen, Hummeln und Schmetterlingen, reiche Nahrungsgrundlage. Hier wachsen Glockenblumen, Hornklee und Margeriten.

Streuobstwiese Erdgeschoss

Am Wurzelbereich der Bäume leben Spitzmaus, Feldmaus und Igel. Zusammen mit Hasen, Rehen und Vögeln machen sie sich über das Fallobst her.
Am Stamm wachsen Moose und Flechten und in der rissigen Rinde leben Käfer. Ökologisch besonders wertvoll sind morsche Stellen im Holz. Hier findet man selten gewordene  totholzbewohnende Insekten. In Baumhöhlen und großen Astlöchern nisten Singvögel und Spechte. Verlassene Höhlen und Baumspalten dienen Fledermäusen als Quartier.

Streuobstwiese Dachwohnung

Die Baumkronen bieten vielen Vogelarten Brutplätze, Garten- und Siebenschläfer suchen im Geäst nach Nahrung. Für eine Vielzahl von Insekten stellt das Blattwerk Nahrung und Lebensraum dar.
Vor allem die Altbäume einer Streuobstwiese sind ökologisch wertvoll. Je älter ein Obstbaum wird, desto höher ist seine Bedeutung für die Natur. Besonders wertvoll sind die Bäume mit abgestorbenen Ästen (Totholz) und Baumhöhlen. Diese Lebensräume treten aber erst ab einer gewissen Stammdicke und Stammhöhe also in einem Baumalter von etwa 30 Jahren auf. Ein Alter, das von den Niederstammbäumen der Obstplantagen gar nicht erreicht wird

Lebensraum für viele

Auf relativ kleinem Raum leben auf Streuobstwiesen oft erstaunlich viele verschiedene Bewohner. So kann ein einziger Apfelbaum 1.000 Käfer, Schmetterlinge und Fliegen beherbergen. Zusammen mit den bunt blühenden Wiesen wurden in diesem Lebensraum über 5.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten gezählt. Und Streuobstwiesen leisten noch mehr: Sie mildern Nachtfröste, dienen als Wind- und Regenschutz und spenden Schatten. Sie verhindern Bodenerosion wie kaum eine andere Kulturform und liefern gleichzeitig Frischluft.

Streuobstwiesen in Gefahr

Doch der Lebensraum Streuobstwiese ist bedroht. Beispiel Franken: Seit den 1960er-Jahren ist dort fast jeder zweite Obstbaum der Säge zum Opfer gefallen. Hauptursachen waren der Strukturwandel in der Landwirtschaft (Abwanderung und Verteuerung der Arbeitskräfte), die EU-Agrarpolitik (billige Importe aus dem Ausland, Obstbaum-Rodungsprämie) und Flurbereinigungsmaßnahmen. Auch heute noch müssen Streuobstwiesen Baugebieten, Straßen oder Wochenendhäuschen weichen. Aber auch die Nutzungsaufgabe und fehlende Nachpflanzung führen langfristig zur Bestandsvernichtung. Streuobstwiesen gehören deshalb zu den stark gefährdeten Lebensräumen.

Der BUND Naturschutz (BN) kämpft seit Jahrzehnten für den Erhalt von Streuobstwiesen als Lebensraum und als wertvolle Teile einer artenreichen Kulturlandschaft. So gelang es durch zahlreiche Naturschutz- und Regionalvermarktungsprojekte (z.B. Streuobst-Apfelsaftvermarktung) eine breite Öffentlichkeit auf die große Bedeutung dieser Lebensräume aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt infolge des Einsatzes des BN wurden mittlerweile vom Umwelt- und vom Landwirtschaftsministerium finanzielle Förderprogramme für die Erhaltung, Pflege und Neupflanzung von Streuobstbeständen geschaffen. Von Gemeinden werden immer öfter Flächen für die Neuanlage von Obstwiesen zur Verfügung gestellt.

Was der Mensch davon hat

Obst aus regionalen Streuobstbeständen kommt ohne lange Transportwege erntefrisch und vollreif auf den Tisch – ein unvergleichlicher Genuss. Die vielen alten Lokalsorten bieten eine große geschmackliche Vielfalt und sind einfach besser als auf Größe gezüchtetes, wässriges Einheitsobst.


Was wir tun: das große Streuobstwiesen-Projekt

Der BUND Naturschutz wird in Sachen Streuobst verstärkt aktiv. Die bayrische Staatsregierung hat sich nach dem Bürgerbegehren Artenvielfalt im "Bayerischen Streuobstpakt" verpflichtet, vorhandene Streuobstwiesen zu erhalten und bis 2035 eine Million zusätzlicher Streuobstbäume zu pflanzen. Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV), der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) und der BUND Naturschutz bündeln nun ihre Kräfte und ihr Wissen im "Aktionsbündnis Streuobst", um dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen und die Zukunft alter und neuer Streuobstwiesen langfristig zu sichern.

In ganz Bayern werden vorhandene Streuobstwiesen erfasst, gepflegt und deren ökologischer Wert weiter gesteigert. So ist es beispielsweise wichtig, eine Streuobstwiese vielseitig zu gestalten, etwa mit Totholz für Höhlenbrüter, Blumenwiesen für Insekten und weiteren Biotopelementen. Das Aktionsbündnis legt auch neue Streuobstwiesen an, hauptsächlich auf verbandseigenen Flächen. Hier sollen vor allem alte sowie hitze- und trockenheitstolerantere Sorten zum Einsatz kommen.

Gezielt einkaufen

Kaufen Sie gezielt Kirschen, anderes Obst und Obstprodukte (Kirschschnaps, Apfelsaft) aus Streuobstbeständen der Region und fragen Sie bei den Geschäften immer wieder nach fränkischer Ware aus Streuobstbeständen.

Geschmack wählen

Wählen Sie nicht nach äußerem Anschein, sondern nach echten Qualitätskriterien, wie Geschmack und Spritzmittelbelastung, aus und kaufen Sie alte Obstsorten.

Landwirte fördern

Seien Sie auch bereit, für Obst aus Streuobstbeständen etwas mehr zu bezahlen. Beim Einkauf bei Direktvermarktern bleibt der Gewinn nicht beim Zwischenhandel hängen, sondern kommt direkt dem Landwirt und damit auch den Streuobstbeständen zugute.

Pflege ist wichtig

Insgesamt will das Aktionsbündnis erreichen, dass alte und neue Streuobstwiesen langfristig genutzt und als Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere erhalten werden. Sehr wichtig ist hier die Pflege. Viele Obstbäume müssen regelmäßig geschnitten werden, damit sie alt werden und so ihr ganzes ökologisches Potenzial ausschöpfen können. Das Projekt der drei Verbände wird vom Bayerischen Umweltministerium mit 5,1 Millionen Euro gefördert und läuft vorläufig bis 2028.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die beiden Streuobstberater*innen im Verband. Ihre Zuständigkeiten teilen sich auf zwischen Süd- (Ober-/Niederbayern/Schwaben) und Nordbayern (Franken und die Oberpfalz). Die beiden unterstützen Sie gerne bei der Antragsstellung für die Nachpflanzung von Obstbäumen auf BN-Grundstücken, die Neuanlage von Streuobstflächen aber auch bei Pflegeanträgen für bestehende Obstwiesen.