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Ein Fall für die Rote Liste: Libellen sind bedroht

Viele Libellen in Bayern sind bedroht. Eine verbesserte Gewässerqualität und die Neuschaffung zahlloser Naturschutzgewässer hat die Gefährdung in den vergangenen Jahren etwas abgemildert. Doch noch immer werden typische Libellen-Lebensräume durch menschliche Aktivitäten gefährdet. Und es zeichnet sich eine neue Umwälzung ab: der Klimawandel.

Von den 76 in Bayern nachgewiesenen Libellenarten sind drei bereits ausgestorben oder verschollen, sechs „vom Aussterben bedroht“, zwölf „stark gefährdet“ und zehn „gefährdet“. Hinzu kommen einige Arten mit sehr kleinem Verbreitungsgebiet und neun Arten der Vorwarnliste (Rote Liste Libellen 2018). Verantwortlich für den Rückgang der Arten sind:

  • Nutzungsintensivierung von Fischteichen
  • Fischbesatz in Angelgewässern
  • Sediment- und Nährstoffeintrag in Fließgewässer infolge intensiver Landwirtschaft
  • fehlender Blütenreichtum auf Wiesen, fehlende ungenutzte Bereiche (Landlebensraum)
  • Zerschneidung von Talräumen (zum Beispiel Straßenbau)
  • Klimaerwärmung

Libellen sind bedroht – aber es ging ihnen schon schlechter

Vor einigen Jahrzehnten gingen die Libellenbestände in Deutschland stark zurück, heute steht es um manche Arten etwas besser als damals. So konnten die Fließwasserlibellen von umfangreichen Investitionen in Kläranlagen, für die auch der BUND Naturschutz (BN) gekämpft hat, ganz erheblich profitieren. Bäche und Flüsse wurden wieder sauberer und die Libellen erhielten einen Teil ihrer Lebensräume zurück.

Der pauschale gesetzliche Schutz von zahlreichen Gewässertypen durch das Bayerische Naturschutzgesetz in den 1980er-Jahren, der Stopp der radikalen Flurbereinigungen und die Unterschutzstellung gerade von Feuchtgebieten sicherte viele Bestände in letzter Minute. Die Anlage von neuen Kleingewässern, der Ankauf nutzungsfreier oder nur extensiv genutzter Teiche durch Naturschutzverbände, Bach- und Flußrenaturierungen der Wasserwirtschaft, spezielle Artenhilfsprogramme oder Moorrenaturierungen, an denen auch viele BN-Aktive beteiligt sind, schufen für Libellenarten neuen Lebensraum.

Immens wichtig ist es deshalb für bedrohte Libellen und deren Schutz, die bestehenden naturnahen Libellen-Lebensräume zu erhalten, um vor allem die gefährdeten Arten zu unterstützen. Deswegen setzt sich der BUND Naturschutz schon lange für den Erhalt und die Wiederherstellung bedrohter Naturräume wie Moore, naturnahe Flüsse und Bäche oder artenreiche Wiesen ein. 

Libellen und der Klimawandel

Libellen sind die Tiergruppe, bei der in Bayern zuerst landesweite Reaktionen auf den Klimawandel erkannt wurden. Sie sind lebende biologische Frühwarnsysteme: hochmobil, anpassungsfähig und als auffällige Tierarten gut erkennbar. Seit den 1990er-Jahren stoßen infolge der Klimaerwärmung verstärkt Libellenarten aus dem Mittelmeerraum nach Bayern vor. Umgekehrt bekommen Libellenarten Probleme, die an kühle Bedingungen angepasst sind, wie etwa die Speer-Azurjungfer und Arten der Auen, wie die Gefleckte Heidelibelle. Bereits auf einer BN-Libellentagung im März 1997 in Nürnberg fanden dazu Fachvorträge statt – damals leider noch unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit. 

Libellen brauchen Feuchtgebiete – der Klimawandel lässt sie schwinden

Zuerst profitieren Libellenarten vom Klimawandel: wärmeliebende Arten, die ursprünglich aus Afrika oder dem Mittelmeerraum stammen, wandern neu ein oder dehnen ihre Verbreitung aus. Die Feuerlibelle Crocothemis erythraea ist dafür ein Paradebeispiel. Diese südliche Art ist durch den Klimawandel mittlerweile schon in Schweden angekommen.

Zugleich verschwinden aber nordische Arten, obwohl sich ihre Lebensräume ansonsten nicht verändert haben. Offenbar ziehen sich bereits viele Libellenarten der moorigen Gewässer zum Beispiel auf höhere, kühlere Mittelgebirgslagen zurück. Verstärkt sich die Klimaerwärmung und häufen sich die Wetterextreme, dann können völlig neue, gewaltige Probleme entstehen: Feuchtlebensräume, Quellen und Gewässer könnten in niederschlagsarmen Frühjahren und bei Sommertrockenheit austrocknen. Klimaschutz bedeutet also auch Libellenschutz.

Wie sich die Libellenfauna Bayerns in den nächsten Jahren entwickelt, welche Arten sich ausbreiten, welche sich zurückziehen, welche Wirkungen neue Artenkombinationen an den Gewässern haben – das ist für den Naturschutz ebenso interessant wie für die angewandte Umweltwissenschaft. Die Ämter und Forschungseinrichtungen sind auch hier auf das Wissen und die Beobachtungen von privaten Libellenfreunden angewiesen. In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) bietet der BUND Naturschutz ein Online-Portal an, das es allen Libellenkundlern erleichtern soll, ihre Beobachtungen online zu dokumentieren und so für den bayerischen Artenschutz nutzbar zu machen.